Die Wüste lebt und ist atemberaubend schön

Sand und heiß und sonst nix weiter. So könnte man sich die Landschaft vorstellen, die uns erwartet, als wir uns gleich nach der Marokkanisch-Mauretanischen Grenze, entlang der Eisenbahnstrecke, ins Landesinnere aufmachen. Ja die Wüste ist heiß, 35 Grad und mehr, der Wind streift warm und trocken über die Haut und trägt gierig alle Flüssigkeit weg, sodass man gar nicht spürt, dass man schwitzt. Der Sand ist überall, juckt in den Augenwinkeln und kitzelt einen in der Nase.

Beduinentücher gibt es überall in Marokko und Mauretanien zu kaufen, sie helfen gegen Sonne, Wind und Sand.
Eine Kamelherde hinter den Schienen.

Aber er ist keineswegs so gleichförmig und eintönig, wie man das denken mag. Wenn man durch die Wüste fährt, verändert sich die Landschaft stetig. Mal ist der Sand hell, fast weiß, dann wird er rötlich, gelb oder ist teilweise sogar Schwarz. Mal formt er anmutige Dünen auf denen der Wind wellen zeichnet, mal flache Ebenen auf denen er so fest liegt, dass man meinen könnte man fährt schon wieder auf Teer. Und am Himmel ist kaum eine Wolke zu sehen. Die Steine auf dem Weg sind teilweise Brocken, große Monolithen und ein paar Stunden später fährt man nur noch über klein gemörsteren Kies.

Die Landschaft in der Wüste bleibt nie gleich.
Keine Menschenseele zu sehen in der Wüste.
Der Sand fängt sich im Windschatten großer Felsblöcke.

Auch die Vegetation in der Wüste bleibt nicht gleich. Zwergenhafte Kräuter, die in den Schatten der Steine vor sich hin kümmern können abgelöst werden von kratzigen Büschen, vereinzelten Bäumen und Dünengras, das auf Hügeln wächst und zusammen mit dem Sand erstaunlich harte Hindernisse für unsere Reifen bildet. Ohnehin haben diese ganz schön Luft lassen müssen, statt 3.5 Bar wird nur mit einem Bar gefahren, wenn der Sand zu weich ist.

Unser Defender zieht Spuren im weichen Sand, dahinter der Defender von Mark und Regine.

Es macht Spaß durch die Dünen zu fahren, im zweiten Gang ordentlich Gas zu geben, wenn man droht sich im weichen Grund festzufahren. Der Motor heult, das Auto schlingert etwas und rutscht dann geschmeidig über das Sandbett oder den Dünenkamm hinunter – irgendetwas zwischen Auto- und Skifahren. In den Pausen gibt es keinen Schatten und der Wind ist ohne Fahrt nur noch heißer.

Heißer Wüstenwind, Sand und kein Schatten weit und breit.

Wer in der Wüste genauer hinsieht, der findet kleine unscheinbare Blumen, Ameisen, die metallisch leuchten und wie Silbertropfen über den losen Untergrund flitzen. Es gibt Krabbeltiere und Fluginsekten, kürbisartige Gewächse, die mitten in dieser unwirklichen Gegend wachsen können (Achtung giftig, auch beim Anfassen!). Und man findet Spuren von Mäusen, Hasen und Schlangen.

Die Wüstenassel trägt ein Sandmuster auf dem Rücken und tarnt sich damit perfekt auf ihrem Untergrund.
Spuren auf Wellen – Hier ist ein Hase durch den Sand gehoppelt.
Eine silberne Wüstenameise.
Klein und unscheinbar – Leicht kann man übersehen, dass die Wüste blüht.
Wüstenkürbis (Achtung giftig!)

Und überall Kameldung, Kamelherden die über den Horizont ziehen und Kamelskelette, deren Knochen blank gewetzt sind.

Ein Kamelskelett vom Wind geschliffen und von der Sonne gebleicht.

Zweimal am Tag – einmal Mittags, einmal wenn es schon dunkel ist – kommt der Zug. Sein Stampfen ist in der Ferne surreal verzogen, erst weiß man gar nicht, was das für ein Geräusch ist, das lauter wird bis es dröhnt.  Man sieht das Ende nicht, da ist der Anfang schon wieder in einer Staubwolke am Horizont verschwunden, denn in Mauretanien fährt der längste Zug der Welt ( 2,5 Kilometer lang, über 200 Wagons, gezogen von bis zu 4 Lokomotiven, transportiert er tausende Tonnen Eisenerz über rund 700 Kilometer).

Der längste Zug der Welt, mit 2,5 km Wagon hinter Wagon wird Eisenerz von Atar an die Küste transprotiert.

Menschen trifft man auf unserem Weg kaum, wir begegnen einigen Militärs in ihren Posten und einmal anderen Offroadfahrern, weil diese Strecke zu den Bekanntesten gehört. Aus den alten Eisenbahnplanken der Bahnstrecke haben Normaden Zeltgerüste errichtet, über die man schnell Stoffe spannen kann, aber wir finden diese nur unbewohnt vor. Die Pisten sind teilweise gut sichtbar aber machmal auch von Sand verdeckt und vom Wind verwischt worden, sodass wir auf die GPS-Koordinaten unserer Karte vertrauen müssen. Bevor es dunkel wird verlassen wir die aufgezeigten Pfade, steuern die Defender etwas abseits und versuchen eine Stelle zu finden, die etwas windgeschützt liegt. Wir stellen die Fahrzeuge im Winkel auf und befestigen Matten zwischen Karosserie, Rädern und Boden, um dem Luftzug und dem mitgetragenen Sand etwas zu entgehen.

Wüstencamp im Sonnenuntergang.

Wir kochen, wir essen und dann geht die Sonne unter und plötzlich verändert sich alles merklich. Der Wind lässt nach, es wir ruhig, es wird kühl, es wird Nacht und der Körper atmet auf, es fühlt sich an als würde man eine Last verlieren. In Wüstennächten gibt es die klareste Luft und die erholsamste Stille, die bis in die zwielichtigen Morgenstunden anhält. Dann fröstelt man noch etwas, trinkt seinen warmen Kaffee, beobachtet wie die Sonne am Horizont ihre ungeheure Kraft sammelt und wappnet sich langsam für einen weiteren heißen Tag in der Wüste.

Frühstück in der Wüste, noch hat die Sonne keine Kraft gewonnen.
Mäuse haben über Nacht diesen Busch unzählige Male umrundet, vielleicht haben sie Tautropfen gesammelt, vielleicht einen Balztanz veranstaltet?
Schlangenspuren am Morgen im Sand, vielleicht war diese an den Mäusen interessiert.

Eine Grenze mit Minen – Von der Westsahara nach Mauretaien

Bis jetzt waren wir auf der Straße unterwegs, nur auf kohlenschwarzen, von der Sonne aufgeheiztem Asphalt. Der Sand erstreckt sich endlos, wenn man aus dem Fenster sieht, der Wind treibt ihn in Wirbeln über die Straße. Aber noch ist man nicht wirklich in der Wüste, noch haben die Reifen einen festen Untergrund und ein kleines Städtchen ist stets innerhalb einer Tagesfahrt erreichbar. Von Dakhlar bis zur Grenze ist es eine Tagesreise, wir erreichen sie am Abend und entscheiden uns dazu im Auto zu schlafen. 

Das Restaurant an der Grenze hat unerwartet gutes Essen und leckeren Kaffee.

Am Morgen wird das Tor geöffnet und wir verlassen die Westsahara, wir verlassen marokkanisches Herrschaftsgebiet, aber nicht die Sahara selbst.

Wir sind am Morgen die Ersten die durch das Tor dürfen.

Am Grenzausgang wird unser Auto von den Marokkanern durchleuchtet, das System nachdem man Polizeistationen und Zollhäuschen ab arbeiten muss ist kaum logisch, aber schaffbar, wenn man sich von A nach B fragt. Danach durchfahren wir den Minengürtel im unwirklichen Niemandsland, von provisorisch anmutenden Militärposten gesäumt, den auch Wohnmobilfahrer meistern können.

Militärposten hinter Sandsäcken im Niemandsland zwischen Westsahara und Mauretanien.
Ein ausgebranntes Auto zwischen den Grenzen.

Wichtig ist nur, dass man auf der ausgefahrenen Piste bleibt – die ausgebrannten Autos neben der Straße ermahnen einen dazu – denn nur dort wo Spuren sind und schon jemand darüber gefahren ist, ist nachweislich keine Mine darunter. Die Mauretanische Grenze erwartet uns mit weiterer Bürokratie, ein klein wenig mehr Stuktur und unserem ersten Visumaufkleber für den Pass. Im Campingplatz in Nouadhibou füllen wir unsere Reserven, bevor wir uns wahrhaftig weiter in die Wüste wagen.

 

Weniger Grün, dafür mehr Sand

Die Landschaft wird karger, aus Palmen und Bäumen werden Büsche, aus Büschen werden krautige Gewäche, bis nur noch die robustesten Pflanzen übrig bleiben. Unter Anderem erstrecken sich auf den steinigen Ebenen neben der Straße breite Teppiche von roten Sukullenten, die problemlos den Sand besiedeln können.

Die letzen Palmenschatten verschwinden im Sonnenuntergang.
Beim Stopp am nachsten Tag sind keine Bäume mehr zu sehen.

Und es wird wärmer. Die Sonne brennt vom blauen Himmel ins Auto und auch die Straßenschilder zeigen nun Tiere, die man in Europa darauf nicht zu sehen bekommt. Wir sind in der Westsahara, wir kommen mit dem Trinken gar nicht hinter her. Hier begegnet man Kamelen, die die Straße kreuzen und hier setzen (in Gülhim) die Taxiunternehmen auf Landrover.

Meister der Anpassung, dieses Gewächs trozt Sonne und Trockenheit.
Verkehrschhild mit ungewohntem Tier darauf.
Und tatsächlich wandern Kamele gemütlich über die Fahrbahn.

Auch die Tore an den überdimensionierten, prozenden Asphaltstraßen die nur zu kleinen Städtchen gehören zeigen, wir sind in der Wüste angekommen und dies ist nicht die Westsahara, nein das Gebiet gehört noch zu Marokko  – so wollen es zumindest die marokkanischen Behörden hören.

Stadtor in der Westsahara, Marokko macht ein Statement.

(Hier zum Querlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Westsaharakonflikt, oder http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-03/marokko-westsahara-besatzung-asyl-sicheres-herkunftsland) Wir fahren über 1.000 km durch die unwirkliche Landschaft, übernachten in einsamen, versandeten Campingplätzen, bis wir am berühmten Kilometer25 vor Dakhlar ankommen.

Highlight auf dem Weg, das Schiffsfrak bei Tarafaya.
Frühstück auf dem Campingplatz, sieht aus wie auf einer Marsstation.

Es handelt sich hier nicht um einen ausgeschriebenen Campingplatz. Mit einer Düne im Rücken und einer Lagune vor der Haustür, die beste Winde für Kitesurfer bereitstellt, ist der Kilometer25 ein beliebtes Ziel für Winterflüchtlinge in Wohnmobilen. Es gibt eine Quelle mit schwefelhaltigem und – nach allgemeiner Meinung – trinkbarem Wasser und sonst nur gleisenden Sand, bruzelnde Sonne und jede Menge Hunde haltende Rentner in rollbaren Plastikwohnunterkünften. Für Offroadfahrer, die kein Klo on Board haben, fehlt hier der gewohnte Luxus nicht etwas einer Campingplatztoilette, aber zumindest eines Stückchens unbenutzter, einsamer Natur. Wir kommen nicht umhin uns die Düne mit den Anderen und leider auch den Hunden zu teilen. Denjenigen, die in einem Auto nach Mauretanien und dort durch die Wüste fahren wollen, raten wir trotzdem hier ein paar Tage an zu halten. Wir treffen hier den Japaner Taka, der mit seinem Mercedes von Japan über Russland bis hier in die Wüste gefahren ist. Auch ein japanischer Radfahrer hat seinen Weg so weit gemacht, mit nur zwei Rädern und Muskelkraft.

Die Militärposten haben damit zu kämpfen dieses Nummernschild zu notieren – Japanische Schriftzeichen.

Man findet jede Menge weitere wüstenwillige, erfahrene und auch sehr nette Offroader, die genauso wie wir nicht alleine durch das Ödland fahren wollen. Wir schließen uns Regine, Mark und der Hündin Lizzy an, die auch mit dem Defender unterwegs sind und testen zum ersten Mal unsere Sandfahrtkentnisse bei einem kleinen Einkaufstrip an der Küste entlang nach Dakhlar.

Mark und Cemil lassen das erste Mal Luft aus dem Reifen, Taka dokumentiert mit der Handykamera.

Surferparadies in Taghazout bei Agadir

In der Nähe von Taghazout treffen wir Andy, Nino, Boris und Rick. Andy “warnte” uns drei Tage vorher, dass die vier nach Agadir zum surfen wollen und fragte, ob wir in der Nähe wären. “Man könne sich ja kurz mal sehen”. Da Laura die Chance nutzen kann, um sich komplett zu kurieren, werden aus “mal kurz sehen” fünf Tage mit den vier Jungs in einem Surfcamp.

Endlich mal etwas in Ruhe lesen am Strand.

Bei dem gutem Essen und der noch besseren Gesellschaft lässt es sich leicht aushalten. Marokkos Küsten sind bei Surfern bekannte und beliebte Spots, die auch für Anfänger angenehme Wellen springen lassen. Wenn wir das nächste Mal hier und dann auch gesundheitlich fit sind, müssen wir das unbedingt ausprobieren.

Eine Wellenlinie erreicht den Strand, die Surfer paddeln im Wasser.

Die Bienen bei Essaouira sind etwas unfreundlich

Birgit (getroffen in Moulay Bousselham) schwärmte von Essaouira und legte uns einen Besuch dort ans Herz. Wir finden einen schönen Campingplatz 10 km vor den massiven Mauern der Hafenstadt. Die französiche Betreiberin hat hier eine kleine Oase gezaubert, in der man sich sehr wohl fühlen kann. Leider passiert, was passieren muss: Laura wird krank und so blieben wir ein paar Tage länger als vorher geplant. Wir erfahren, dass auf dem Gelände geimkert wird und vereinbaren ein Treffen mit dem Imker.

Die Bienenstöcke auf dem Gelände des Campingplatzes – weit weg von den Besuchern.
Wenn der Imker schon 150 m vor seinen Stöcken in den Anzug steigt, weiß man ungefähr, auf welches Temperament man gefasst sein muss.
Fotopreiswürdig: Cemils Schnappschuss vom Bienenstich – glücklicherweise nur in den Handschuh.

Die Innenstadt von Essoira hält, was Birgit versprochen hat: Schöne kleine Gassen, buntes Treiben, Kitsch, Kunst und vieles irgendwo dazwischen. Die Händler sind weit unaufdringlicher, als wir sie in Marrakesch und Fes erlebt haben und so kann fast ungestört herum laufen und Tee in der Sonne genießen.

Es gibt viele Blaue Türen und Fenster in Essaouira.
Marktstraße unter strahlendem, blauen Himmel.
Essaouiras Stadmauer am Meer
Kleine Gässechen zum Entdecken.

Marrakesch – Aufreibend und doch bezaubernd

Noch mehr Händler als in Fês tummeln sich in Marrakesch. Während Fês als die blaue Stadt Marrokos bekannt ist, wird Marrakesch die Rote genannt. Durch die Medina zu laufen ist eine kalkulierbare Geduldsprobe. Man muss entspannt bleiben und darf sich durch die vielen aufdringlichen Händler, die trotz Verneinung und offensichtlichem Desinteresse, einem wiederholt Angebote hinterher rufen, das Staunen nicht kaputt machen lassen. Marrakesch ist laut, voll und vorallem aufdringlich, aber wir finden stille Gassen in denen die Sonnenstrahlen durch das Stoh darüber brechen, in denen Handwerker Lampen stanzen und Körbe flechten, oder steinalte Männer aus winzigen Geschäften lächeln.

Eine unbelebte Seitengasse in Marrakeschs Altstadt.
Die Lampengeschäfte glitzern im Sonnenlicht.

Cemil besucht einen Friseur zu dem sich selten Touristen verirren und bekommt – in Vorbereitung auf das wärmer werdende Wetter – einmal Alles kurz. Wir finden viele leckere Essenstände an denen man sicher keinen Stempel vom Gesundheitsamt aber dafür jede Menge Leckeres bekommt. Wir achten darauf, dass Fleisch und Eier immer ordentlich Hitze abbekommen und gehen nur dort essen, wo sich auch viele Einheimische den Bauch voll schlagen.

Cemil begutachtet das Essensangebot am Straßenstand

In Marrakesch gibt es viele falsche Führer mit beindruckender Logistik. Wir haben einen willkürlichen Passanten nach dem Weg zu den Gerbereien gefragt, der uns an einen “zufällig” vorbeilaufenden Jungen weiterreicht und versichert wir müssten nicht zahlen, er wäre sowieso in dieser Richtung unterwegs. Der Junge führt uns zu unserem Ziel, ob wir das wollen oder nicht, er bleibt vor uns und wir landen bei einer dritten Person. Wir bekommen Minze (im Arabischen Nana) gegen den Gestank in die Hand gedrückt und er zeigt uns die Gerbereien, die wir – immer der Nase nach –  auch alleine gefunden hätten und die frei betretbar sind. Er wiederholt mehrfach, er wolle dafür kein Geld.

Einer der Gerberhöfe Marrakeschs – Die Tierhäute schwimmen in verschiedenen Laugenbecken oder trocknen über Gestellen.

Als wir wieder auf der Straße stehen, rennt unser unverhoffter Führer plötzlich weg. Ein Polizist auf einem Motorrad taucht auf, denn falsche Tourguides sind seit den 90ern in Marokko verboten. Als die Polizeistreife weg ist, taucht der falsche Guide wieder auf und möchte nun doch plötzlich Geld haben. Wir wollen ihn trotz Beschimpfung mit eindrucksvoll umfangreichen, internationalen Vokabular nichts bezahlen und bleiben standhaft. Dem Mann, den wir am Anfang nach dem Weg gefragt haben, begegnen wir auch wieder auf der Straße. Er hat den Jungen mit dem Mofa eingesammelt und verabschiedet sich im Vorbeifahren mit “Fuck you, Fuck Police!”.

Die Pferdetaxis in Marrakesch warten auch am späten Abend noch auf Touristen.

Am Abend verwandelt sich die Stadt, die Läden werden geschlossen, die Ruhe schleicht in die Gassen. Dafür pulsiert das Leben auf dem Platz Jemaa el-Fnaa, Fleisch bruzelt auf dem Grill, Kalamaris und Anchovies werden golden im Fett, Oliven und Eingelegtes wartet im Öl.

Der Jemaa el-Fnaa Platz bei Nacht.

Musikgruppen und Sänger stellen Bänke auf und jeder der sich traut und ein paar Münzen übrig hat bekommt eine Trommel zum mitmachen. Gauckler und Hütchenspieler ziehen einem die Dirhams aus der Tasche für unmöglich machbare Geduldsspiele und ein bisschen Spaß dabei.

Wir versuchen unser Glück und angeln nach Cola- und Fantaflaschen. Wir haben keine Chance, aber ganz viel Spaß.

Auf den Straßen im Atlas – Oder: Wo sonst gibt es die beste Tajine?

Die Sonnenstrahlen stehlen sich durch die Wolkenwatte am Himmel. Die Straßen quälen sich durch die frostige, mit Schnee verwehte Erde. Unseren Weg säumen Felsen.

Die schneegeschwängerten Wolken im Atlas spielen mit der Sonne.

Die Dörfer sind klein, die Leute kaum auf der Straße, man begegnet hier und da überladenen Heulastern. Pausen, oder das Schlafen im Auto sind frostig. Die Klimaanlage ist ein Segen, aber beim Defender unjustierbar und damit kratzig, trocken und immer viel zu heiß eingestellt. Bis jetzt haben wir kaum frei gestanden, da eine warme Dusche in einem Campingplatz am Abend immer viel verlockender war.

Ein beladener Heulaster – Ein statisches und aerodynamisches Meisterwerk

Ein Höhepunkt auf unserem Weg ist die wohl beste Tajine, die wir in Marokko essen werden. Tajine ist ein Gericht, benannt nach dem Keramiktopf in dem es über Kohlen oder Feuer gekocht wird. Man findet darin wahlweise Hühnchen, Rind-, Ziegen- oder Schaffleisch, oder auch Fisch mit verschiedenen Gemüsestücken, manchmal sogar Rosinen oder Pflaumen. Wenn man einen Stand besucht, lässt man sich die Deckel heben und entscheidet sich für einen der braunen Töpfe mit dem passenden Inhalt. Das Fleisch darin gart mehrere Stunden im Dampf über dem Feuer, ist am Ende unglaublich zart und mit den traditionellen, marokkanischen Gewürzen bis jetzt das beste und absolut empfehlenswertes Geschmackserlebnis der Reise.

Der beste Tajinstand Marokkos – Falls ihr zufällig in Zaouiat Cheikh vorbeischaut 😉

Schnee in Marokko findet man im Atlas

Apropo kühl. Natürlich ist es im Atlas sehr kalt. Man quert den Atlas mit seinem Weg, wenn man von Fês eine Linie nach Marrakesch zeichnet und deswegen nehmen wir die zwei Tage in Kauf, bevor wir wieder auf die Küste und das gute Wetter treffen. Wir fahren durch unwirkliche, felsige und baumfrei Landschaften, in der kaum etwas Grünes auf der aufgerissenen, roten Erde wächst. Die Menschen gehen gebückt gegen Frost und Wind die das Land streifen, hüllen sich fest in die traditionelle, erdfarbene Djellaba und ziehen die spitze Zipfelmütze tief ins Gesicht.

Berbermarkt – Esel, Schafe, Ziegen und jede Menge Stroh

Dann schneit es. Erst kleine graupelige Körnchen, dann dicke Flocken und bald bleibt der Schnee liegen.

Berber Viemarkt – Das Schaf hat einen neuen Besitzter gefunden
Vietransporter mit Dachterasse

Kurz nach Sidi Tiar geht es plötzlich nicht weiter, Polizisten sperren die Straße mit einem Schlagbaum und auf Nachfrage kriegt man Gründe von “Unfall” bis “zu glatt”. Das typische marokkanische Fahrzeug im Atlas ist bis unter die Decke vollgestopft mit Schafen, stark überladen, hat Sommerreifen und kaum Profil. Die Männer kommen aus dem Auto, ein riesen Auflauf, alle beschweren sich, schimpfen – wir verstehen die Sicherheitsbedenken der Beamten.

Versammlung am Schrankenhäuschen – Die Straße wurde wegen Schnee gesperrt
Der Unimog schaufelt den Schnee weg, trozdem wird die Schranke nicht freigegeben

Wir warten mehrere Stunden. Mittlerweile gibt es ein wärmendes Feuer auf dem Boden im Häuschen neben der Schranke, wenn einen der Qualm nicht stört und Tee. Viele Fahrzeuge vor uns geben auf, geraten ins Rutschen beim Anfahren und schaffen es irgendwie zu wenden. Cemil versucht den Polizisten an der Schranke mehrfach vergeblich davon zu überzeugen, dass das Wintertreiben für unser Reisegefährt kein Problem darstellt – schließlich haben wir Allwetterreifen mit Profil und Allradantrieb. Erst als wir problemlos bis an die Schranke aufschließen und auch am Hang ohne Rutschen anfahren können, erzählt uns der Polizist vom einem Schleichweg. Als wir anbieten noch zwei Leute mit zunehmen, ist Cemil plötzlich “Mon Ami” (“mein Freund”) und Meryem und Hassna sind unsere zwei Mitfahrer. Wir bringen beide in ihre Dörfer und bekommen bei Hassnas Familie einen Tee gereicht und sogar einen Schlafplatz angeboten.

Zugast bei Hassna gibt es heißen Tee und verspielte Kinder

 

Fês im Landesinneren Marokkos

Einer spontanen Eingebung und dem Schild folgend lenkt Cemil den Defender nach Fês, das viel weiter enfernt als eine Tagesreise im Inneren des Landes liegt. Wir besuchen die Medina (Altstadt) und treffen auf Mohammed, der wie die meisten Händler hier, uns als Touristen erkennt und in seinen Laden locken möchte. Er ist deutlich unaufdringlicher als der Rest, darum folgen wir gerne. Der Eingang des Gebäudes, in dem er seine Keramikwaren ausstellt sieht unscheinbar aus und fügt sich in die bröckelnden, schmutzigen Fasaden der engen Gassen. Betritt man aber das Geschäft, steht man im Innenhof eines Bauwerks aus dem 19ten Jahrhundert, mit Schnitzerreihen, Keramikfliesen, angefüllt mit Mohammeds blauverzierten Tonwaren.

Ein Innenhof wie eine Schatzkiste – Gebäude aus dem 19ten Jahrhundert in Fês
Mohammeds Keramikwaren aus der Vogelperspektive vom Dach des Hauses

Wir kaufen eine klitzekleine Zuckerdose (die Marketingstategie hat funktioniert), verabschieden wir uns vom Verkäufer und fragen ihn, ob er uns den Weg zu den berühmten Gerberein erklären kann. Mohammed läd uns ein ihm auf engen, steilen Treppen bis auf das Dach des alten Hauses zu folgen. Die helle Aussicht auf die Dächer Fês steht im Kontrast zur finsteren Enge der Medina und wir sehen die Färbertöpfe aus der Entfernung.

Südfestung über Fês
Blick von Mohammeds Dach auf die Färbertöpfe

Es ist trotz Sonnenschein sehr kühl und so machen wir uns schnell weiter auf die Reise.

Falsche Ticketverkäufer am Fährhafen

Wir haben eine Fähre von Algerciras nach Med Tanger genommen. Auf dem Hafengelände wird man an jeder Ecke von Männern heran gewinkt und es wird einem erzählt, der Ticketverkauf sei geschlossen aber man könne aber bei ihnen ein Ticket kaufen. Die Fähren fahren alle Stunde bis halbe Stunde und es gibt einen offiziellen (und solange Fähren fahren, auch geöffneten!) Ticketstand, an dem man bis zu 30 Minuten vorher noch einchecken kann. Für zwei Personen und ein Auto haben wir für 110 Euro ein Ticket für die Einfachfahrt bekommen.

Der Defender im Schiffsbauch

An Bord muss man ein Zettelchen mit persönlichen Passdaten  ausfüllen und beides im Office des Polizeibeamten vorlegen,  mit knapp einer Stunde Überfahrtszeit ist das aber schnell erledigt. An der marokkanischen Grenze warten weitere auszufüllende Zettel die von A nach B zu tragen sind (Persönliche Daten, Passnummern, Daten für das Fahrzeug).

Papierkram mit Meerblick

Die Zöllner winken uns ohne Problem durch und freuen sich darüber, das ein Kerl mit so einem schönen arabischen Nachnamen mit einer Deutschen auf Reisen ist.