Auf den Straßen im Atlas – Oder: Wo sonst gibt es die beste Tajine?

Die Sonnenstrahlen stehlen sich durch die Wolkenwatte am Himmel. Die Straßen quälen sich durch die frostige, mit Schnee verwehte Erde. Unseren Weg säumen Felsen.

Die schneegeschwängerten Wolken im Atlas spielen mit der Sonne.

Die Dörfer sind klein, die Leute kaum auf der Straße, man begegnet hier und da überladenen Heulastern. Pausen, oder das Schlafen im Auto sind frostig. Die Klimaanlage ist ein Segen, aber beim Defender unjustierbar und damit kratzig, trocken und immer viel zu heiß eingestellt. Bis jetzt haben wir kaum frei gestanden, da eine warme Dusche in einem Campingplatz am Abend immer viel verlockender war.

Ein beladener Heulaster – Ein statisches und aerodynamisches Meisterwerk

Ein Höhepunkt auf unserem Weg ist die wohl beste Tajine, die wir in Marokko essen werden. Tajine ist ein Gericht, benannt nach dem Keramiktopf in dem es über Kohlen oder Feuer gekocht wird. Man findet darin wahlweise Hühnchen, Rind-, Ziegen- oder Schaffleisch, oder auch Fisch mit verschiedenen Gemüsestücken, manchmal sogar Rosinen oder Pflaumen. Wenn man einen Stand besucht, lässt man sich die Deckel heben und entscheidet sich für einen der braunen Töpfe mit dem passenden Inhalt. Das Fleisch darin gart mehrere Stunden im Dampf über dem Feuer, ist am Ende unglaublich zart und mit den traditionellen, marokkanischen Gewürzen bis jetzt das beste und absolut empfehlenswertes Geschmackserlebnis der Reise.

Der beste Tajinstand Marokkos – Falls ihr zufällig in Zaouiat Cheikh vorbeischaut 😉

Schnee in Marokko findet man im Atlas

Apropo kühl. Natürlich ist es im Atlas sehr kalt. Man quert den Atlas mit seinem Weg, wenn man von Fês eine Linie nach Marrakesch zeichnet und deswegen nehmen wir die zwei Tage in Kauf, bevor wir wieder auf die Küste und das gute Wetter treffen. Wir fahren durch unwirkliche, felsige und baumfrei Landschaften, in der kaum etwas Grünes auf der aufgerissenen, roten Erde wächst. Die Menschen gehen gebückt gegen Frost und Wind die das Land streifen, hüllen sich fest in die traditionelle, erdfarbene Djellaba und ziehen die spitze Zipfelmütze tief ins Gesicht.

Berbermarkt – Esel, Schafe, Ziegen und jede Menge Stroh

Dann schneit es. Erst kleine graupelige Körnchen, dann dicke Flocken und bald bleibt der Schnee liegen.

Berber Viemarkt – Das Schaf hat einen neuen Besitzter gefunden
Vietransporter mit Dachterasse

Kurz nach Sidi Tiar geht es plötzlich nicht weiter, Polizisten sperren die Straße mit einem Schlagbaum und auf Nachfrage kriegt man Gründe von “Unfall” bis “zu glatt”. Das typische marokkanische Fahrzeug im Atlas ist bis unter die Decke vollgestopft mit Schafen, stark überladen, hat Sommerreifen und kaum Profil. Die Männer kommen aus dem Auto, ein riesen Auflauf, alle beschweren sich, schimpfen – wir verstehen die Sicherheitsbedenken der Beamten.

Versammlung am Schrankenhäuschen – Die Straße wurde wegen Schnee gesperrt
Der Unimog schaufelt den Schnee weg, trozdem wird die Schranke nicht freigegeben

Wir warten mehrere Stunden. Mittlerweile gibt es ein wärmendes Feuer auf dem Boden im Häuschen neben der Schranke, wenn einen der Qualm nicht stört und Tee. Viele Fahrzeuge vor uns geben auf, geraten ins Rutschen beim Anfahren und schaffen es irgendwie zu wenden. Cemil versucht den Polizisten an der Schranke mehrfach vergeblich davon zu überzeugen, dass das Wintertreiben für unser Reisegefährt kein Problem darstellt – schließlich haben wir Allwetterreifen mit Profil und Allradantrieb. Erst als wir problemlos bis an die Schranke aufschließen und auch am Hang ohne Rutschen anfahren können, erzählt uns der Polizist vom einem Schleichweg. Als wir anbieten noch zwei Leute mit zunehmen, ist Cemil plötzlich “Mon Ami” (“mein Freund”) und Meryem und Hassna sind unsere zwei Mitfahrer. Wir bringen beide in ihre Dörfer und bekommen bei Hassnas Familie einen Tee gereicht und sogar einen Schlafplatz angeboten.

Zugast bei Hassna gibt es heißen Tee und verspielte Kinder

 

Fês im Landesinneren Marokkos

Einer spontanen Eingebung und dem Schild folgend lenkt Cemil den Defender nach Fês, das viel weiter enfernt als eine Tagesreise im Inneren des Landes liegt. Wir besuchen die Medina (Altstadt) und treffen auf Mohammed, der wie die meisten Händler hier, uns als Touristen erkennt und in seinen Laden locken möchte. Er ist deutlich unaufdringlicher als der Rest, darum folgen wir gerne. Der Eingang des Gebäudes, in dem er seine Keramikwaren ausstellt sieht unscheinbar aus und fügt sich in die bröckelnden, schmutzigen Fasaden der engen Gassen. Betritt man aber das Geschäft, steht man im Innenhof eines Bauwerks aus dem 19ten Jahrhundert, mit Schnitzerreihen, Keramikfliesen, angefüllt mit Mohammeds blauverzierten Tonwaren.

Ein Innenhof wie eine Schatzkiste – Gebäude aus dem 19ten Jahrhundert in Fês
Mohammeds Keramikwaren aus der Vogelperspektive vom Dach des Hauses

Wir kaufen eine klitzekleine Zuckerdose (die Marketingstategie hat funktioniert), verabschieden wir uns vom Verkäufer und fragen ihn, ob er uns den Weg zu den berühmten Gerberein erklären kann. Mohammed läd uns ein ihm auf engen, steilen Treppen bis auf das Dach des alten Hauses zu folgen. Die helle Aussicht auf die Dächer Fês steht im Kontrast zur finsteren Enge der Medina und wir sehen die Färbertöpfe aus der Entfernung.

Südfestung über Fês
Blick von Mohammeds Dach auf die Färbertöpfe

Es ist trotz Sonnenschein sehr kühl und so machen wir uns schnell weiter auf die Reise.

Falsche Ticketverkäufer am Fährhafen

Wir haben eine Fähre von Algerciras nach Med Tanger genommen. Auf dem Hafengelände wird man an jeder Ecke von Männern heran gewinkt und es wird einem erzählt, der Ticketverkauf sei geschlossen aber man könne aber bei ihnen ein Ticket kaufen. Die Fähren fahren alle Stunde bis halbe Stunde und es gibt einen offiziellen (und solange Fähren fahren, auch geöffneten!) Ticketstand, an dem man bis zu 30 Minuten vorher noch einchecken kann. Für zwei Personen und ein Auto haben wir für 110 Euro ein Ticket für die Einfachfahrt bekommen.

Der Defender im Schiffsbauch

An Bord muss man ein Zettelchen mit persönlichen Passdaten  ausfüllen und beides im Office des Polizeibeamten vorlegen,  mit knapp einer Stunde Überfahrtszeit ist das aber schnell erledigt. An der marokkanischen Grenze warten weitere auszufüllende Zettel die von A nach B zu tragen sind (Persönliche Daten, Passnummern, Daten für das Fahrzeug).

Papierkram mit Meerblick

Die Zöllner winken uns ohne Problem durch und freuen sich darüber, das ein Kerl mit so einem schönen arabischen Nachnamen mit einer Deutschen auf Reisen ist.

Endlich in Afrika – Marokko

In Marokko suchen wir uns einen gut bewerteten Campingplatz an einer schönen Lagune, um eine heiße Dusche, eine Waschmaschine und etwas Ruhe für die leichte Erkältung zu finden, die sich anbahnt. Zwar kann man in Marokko in abgelegeneren Gebieten ohne Probleme frei stehen, wenn man sich aber etwas kleinen “Luxus” gönnen möchte, findet man diesen auf vielen Campinglätzen (z.B. Campingführer Marokko: Edith Kohlbach). 

Kormorane an der Lagune
Fischerboot

Zwischen den ganzen Wohnmobilen (“Yoghurtbechern”) treffen wir auf Birgitt und Thomas, zwei gewinnende Reisende, unterwegs im umgebauten Buschtaxi und haben einen schönen Abend mit den Beiden.

4×4 Frühstück am Campingplatz

Achtung Werbung 🙂 – Das stylische Buschtaxi hat Stehhöhe, einen Schlafplatz den man nicht immer auf- und abbauen muss, zwei bequeme Fliegersitze, viele praktische Klappen und Fächer und ist trotzdem ein zuverlässiges Geländefahrzeug, da wird man fast ein bisschen neidisch (Thomas plant und baut solche Individuallösungen mit ganz viel Erfahrung. Hier seine Website: toms-backup.de).

Affen in Europa!

Bei Nacht erreichen wir Gibraltar und parken auf einem empfohlenen Stellplatz (App: ProMobil, Stellplatzradar) um vor der Überfahrt noch einmal in Europa zu schlafen und ein letztes Mal Tapas in der Innenstadt zu essen. Der Morgen weckt uns mit Sonne und der Sicht auf den Rock of Gibraltar.

Wir nutzen die Zeit bis zur Fähre und wandern durch das dort ausgeschriebene Naturschutzgebiet (Upper Rock) und treffen dort nicht nur auf Berberaffen, sonder auch auf einen Primatenforscher. Brian hat es sich mit Monkey Talks (https://www.facebook.com/MonkeyTalkGibraltar/) zur Aufgabe gemacht das Bewusstsein für die Makaken von Gibraltar zu stärken.

Zwei stattliche Männchen der einzigen in Europa vorkommenden Primatenarten (recht Cemil, links Berberaffe)

Er bietet geführte Touren, die sicherlich sehr interessant sind, den in dem kurzen Gespräch das wir mit ihm hatten, haben wir schon jede Menge erfahren dürfen. Überigens sind Berberaffen “Monkeys” und keine “Apes” da sie, wenn auch nur einen stummeligen, Schwanz besitzen.

Denkmal an der Meerenge
In Gibraltar lebt man very british

 

Frühstück in der Friedhofsmensa in Granada

Wir fahren durch bis Granada und da es schon spät ist stellen wir uns auf den Parkplatz vor der Alhambra und schlafen im Auto. Am nächsten morgen folgen wir ein paar Fußgängern und landen eher zufällig in der Cafeteria des Friedhofs der Stadt. Das Frühstück zwischen Friedhofsbesuchern und den Fotos der kunstvollen Grabsteine ist seltsam aber sehr gut und günstig. Wir laufen über den antiken Friedhof auf denen wohlhabende Familien die Eingänge ihrer Gruften mit lebensgroßen Engles-, Kinder- und Jesusfiguren schmücken. In Mauergängen die so lang sind, dass man sich darin verirren kann, erstrecken sich Grabkammern in der Horizontalen.

Friedhofsgasse Granada

Die islamische Festung selbst liegt zwischen Olivenhainen und Orangenplantagen und ihre Schönheit, die vielen detailierten Verzierungen, das kollektive Staunen das man mit den anderen Touristen von einem Raum in den anderen trägt, kann man leider nicht mit einem Foto oder vielen Worten festhalten. Den Besuch dort kann man nur empfehlen. Leider haben wir viel zu wenig Zeit für die notwendige Parkplatzsuche um uns Granadas Altstadt und die von Eva empfohlenen Cafês zu besuchen.

Gärten um die Alhambra
Die Sicht auf den Palast aus dem Garten
Palastinnenhof
Stuckmuster an den Wänden
Verzierungen der Fensternischen

  

Toledo – Ein spanischer Bilderbuchort

Enge Gassen, sandfarbene, sonnenwarme Häuserwände, eine Mauer, eine monumentale Brücke die über einen Fluss in die Stadt führt, eine Kathedrale, eine Festung, Türmchen dazwischen Gärten mit Olivenbäume und den spitzzulaufenden Mitelmeer-Zypressen, fertig ist die spanische Bilderbuchstadt.

Brücke von Alcántara über den Tajo
Bilderbuchstadt Toledo
Kathedrale von Toledo

 

In Toledo findet man vorallem viele Touristen aus Asien, Antiquitätenhändler und jede Menge Schwerter von Mittelalter bis Mittelerde. In schlichter Schönheit kann man hier mitteralterliche Synagogen bewundern. 

Die Kirche Santa María la Blanc in Toledo – war ursprünglich eine Synagoge

Montserrat – Der zersägte Berg

Kloster am Montserrat

Das Montserrat nach seiner Form benannt wurde, hat uns die Rezeptionistin in unserem Hostel in Barcelona nicht erzählt, dafür aber dass die Einwohner Barcelonas dort Ruhe und Spiritualität finden.

Mit knapp 60 km Entfernung war uns das einen Umweg wert.

Schon von Weitem setzt sich das helle Grau des Berges gegen den Rest der Landschaft ab. In engen Serpentinen nähert man sich dem Benektinerkloster, das mit kostenpflichtigem Parkplatz, Seilbahn, Restaurant mit Aussicht, Museum und Museumsshop ganz an irdische Touristenströme angepasst scheint.

Bergbahn ohne Bahnbetrieb

Da wir uns ausserhalb der Saision bewegen, müssen wir uns den Parkplatz mit nur wenigen Touristen teilen, die Seilbahn hat geschlossen, das Restaurant umgehen wir mit eigenen Vorräten, das Museum nebst Shop lassen wir links liegen und wandern einfach ein bisschen durch den Berg.

Wenn die Sonne so vor dem tiefblauen Himmel zwischen den Felsspalten hervorstrahlt, dann hat die Dame aus Barcelona vielleicht doch recht gehabt.

Die Sonne am Montserrat